Es ist eine unter Übersetzern bekannte Redensart, die auf den französischen Philosophen Gilles Ménage (1613-92) zurückgeht: „Frauen sind wie Übersetzungen: Die schönen sind nicht treu, und die treuen sind nicht schön.“ Politisch nicht korrekt, aber in Bezug auf die Übersetzungen, insbesondere zwischen Deutsch und Italienisch, kann die studierte Übersetzerin Anna Maria Rossi, die schon seit 20 Jahren für international tätige Unternehmen arbeitet, beipflichten.
Denn: ob in der Tourismusbranche, in der zwischen Italien und Deutschland eine Menge Übersetzungsarbeit geleistet wird, oder bezogen auf die vielen eher formaleren Texte aus Industrie und Technik: eine Wort-für-Wort-Übertragung reiche nicht, sagt Rossi. In der Regel sei es notwendig, dass man dem deutschen Ursprungstext im Italienischen Formulierungen und Adjektive hinzufügt und die Sätze verlängert, um eine gewisse Lesefreundlichkeit herzustellen. Der Übersetzungsprofi erklärt: „Die deutsche Sprache ist strukturiert und präzise: tack – tack – Schluss. Im Italienischen nutzen wir tendenziell mehr Nebensätze, beschreiben mehr, damit es positiv und attraktiv klingt.“
Ein Beispiel: eine deutsche Mail wie die folgende kann man kurz und knackig formulieren: „Sehr geehrte Kunden, vielen Dank für Ihr Interesse. Bitte beachten Sie nachstehende Mindestmengen für den Versand.“ 16 Wörter. Im Italienischen reichen die nicht aus, um das gleiche Anliegen höflich zu transportieren. Hier braucht es 27: „Gentile cliente, La ringraziamo per l’interesse dimostrato nei confronti della nostra azienda. Le ricordiamo che per l’invio dei prodotti in vendita sono previste le seguenti quantità minime.“ Eins zu eins übersetzen würde nicht funktionieren, erklärt der Profi: „Das wirkt dann oft relativ hart und könnte als kalt und unhöflich wahrgenommen werden.“ Daher gilt, so Rossi: „Man muss die Sätze auseinanderbauen und auf Italienisch komplett neu zusammenfügen.“
Damit ist schnell klar: Italienisch braucht mehr Platz als Deutsch. „Die italienischen Texte sind im Schnitt 25 Prozent länger“, sagt die Übersetzerin. Das liege nicht nur an der oben beschriebenen Tendenz zu längeren, ausgeschmückten Sätzen. Hinzu kommt unter anderem die Tatsache, dass viele komprimierte deutsche Verben bei der Übertragung ins Italienische in Verb und Adverb aufgeschlüsselt werden müssen. Aus „durchlesen“ wird dann etwa „leggere attentamente“, „(sich etwas) anlesen“ heißt „leggere di sfuggita“.
Ein feines Sprachgefühl, kulturelles Verständnis und tiefe Vokabelkenntnisse im Deutschen und Italienischen werden von Übersetzungsprofis auch gefordert, wenn sie sich mit Begriffen konfrontiert sehen, für die es in der jeweils anderen Sprache keine Entsprechung gibt. So gibt es im Italienischen zum Beispiel keine Begriffe, welche die Bedeutung der deutschen Worte „Vorfreude“, „Feierabend“ oder „Fremdschämen“ exakt treffen. Die Vokabel „gemütlich“ kann auf Italienisch hingegen auf vielerlei Weise ausgedrückt werden: beschreibt sie einen gemütlichen Raum, würde man von „accogliente“ oder „confertevole“ sprechen, für eine gemütliche Stimmung bräuchte man „gradevole“ oder „rilassato“, im Zusammenhang mit einer Tageszeit wie „gemütlicher Abend“ würde man eher „piacevole“ oder „tranquillo“ verwenden.
Ein anderes Beispiel, bei dem weitreichendes Sprachwissen von Nöten ist: das Wort Konzept. Oftmals werde es naheliegend mit „concetto“ übersetzt, sagt Übersetzerin Rossi, dabei würde dieser Begriff eher dem deutschen Wort „Begriff“ oder „Auffassung“ entsprechen. Das italienische „strategia“ hingegen passe gut als Übersetzung für „Konzept“, wenn es sich etwa um eine Art Plan oder Firmenkonzept handele. Beschreibt „Konzept“ eher eine Art „Entwurf“ wäre hingegen die Übersetzung „malacopia“ angebracht.
Hohe Sprachsensibilität in jeder Beziehung, das müssen Profi-Übersetzer mitbringen – und dabei auch genau wissen, woher die Leser ihrer übersetzten Texte stammen. Italienisch ist nämlich nicht gleich Italienisch. Im Schweizer Kanton Tessin, in dem Italienisch die Amtssprache ist, steht auf Preisschildern im Supermarkt: „Pomodori in azione!“ Hier heißt das: „Tomaten im Angebot!“. Würde ein Italiener in Italien diesen Satz im Supermarkt finden, er würde sich wahrscheinlich wundern. Für ihn stünde da nämlich: „Tomaten in Bewegung!“
Anna Maria Rossi
Anna Maria Rossi legte nach dem Magisterstudium der deutschen und englischen Literatur die staatliche Übersetzerprüfung in Deutschland ab. Neben ihrer Übersetzertätigkeit war sie lange Zeit für deutsche und italienische Firmen tätig. Seit 20 Jahren übersetzt sie aus dem Deutschen, Englischen und Französischen in ihre Muttersprache Italienisch.
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Die französische Sprache ist den Franzosen heilig. Nicht umsonst gibt es in Frankreich eine Institution wie die Académie française – eine Gelehrtengesellschaft, die über den Gebrauch der Sprache wacht und diese pflegt.
Portugiesisch – das spricht man doch in dem verhältnismäßig kleinen Land an der Westküste der iberischen Halbinsel. Richtig, aber bei weitem nicht nur da.