Was meint ein Russisch sprechender Gegenüber, wenn er einen um Folgendes bittet: „Möchtest du nicht mal spazieren gehen?“ Er könnte genau das meinen, was er sagt. Oder aber: „Sieh zu, dass du Land gewinnst!“ Dieses Beispiel zeigt: wer mit der Weltsprache Russisch zu tun hat – rund 280 Millionen Menschen auf diesem Planeten sprechen sie – braucht ein tiefes Verständnis und einen feinen Sinn für Andeutungen. Denn das Russische ist voll davon.
Andriy Rubashnyy ist 37, studierter Übersetzer und lebt seit seinem 25. Lebensjahr in Deutschland. Der gebürtige Ukrainer kennt sich aus mit der Mehrdeutigkeit seiner Sprache. Er weiß, welch hohes Level an Sprachverständnis notwendig ist, um die wahre Botschaft aus russischen Sätzen zu extrahieren – und dass es auch gründlich schiefgehen kann. Rubashnyy erinnert sich an eine deutsch untertitelte Version eines russischen Kultfilmes im Fernsehen. Jemand sagt darin wörtlich übersetzt in etwa: „Meine Röhren brennen.“ Der Übersetzungsprofi weiß noch: „Im Untertitel wurde das mit ‚Meine Heizung ist kaputt“ übersetzt. Aber eigentlich gemeint war: ‚Ich habe einen Kater.’“
Die Mehrdeutigkeit russischer Formulierungen ist groß, der Kontext umso wichtiger. Selbst eine harmlose deutsche Bemerkung wie „Viel Spaß!“ kann ins Russische übersetzt, bei der Wahl der falschen Worte, schnell zu einer anzüglichen Bemerkung in Richtung Intimleben werden, erklärt der Übersetzungsprofi. Schnelle Wort-für-Wort-Übersetzungen sind daher gefährlich, sagt Rubashnyy: „Es ist extrem wichtig, dass man im Russischen den eigentlichen Sinn übersetzt, nicht einfach die Vokabeln.“
An der Übersetzung zwischen Deutsch und Russisch zu scheitern ist leicht. Russisch ist komplex – nicht nur durch seine zahlreichen Redewendungen und Andeutungen, sondern auch durch seine Flexibilität. „Die russische Grammatik ist im Vergleich zur deutschen variantenreicher. Man kann einen Satz zum Beispiel mit fast jedem Wort anfangen – je nach dem, was man betonen oder aussagen möchte“, erläutert Rubashnyy. Russische Sätze kommen zudem auch mal ohne Subjekt aus. Auch ein Verb ist nicht zwingend notwendig.
Zu den grammatikalischen Herausforderungen kommt, dass auf Höflichkeit im Russischen viel Wert gelegt wird. Übersetzungsprofi Rubashnyy: „Die Umgangsformen sind im Russischen wichtiger.“ Bis auf wenige Ausnahmen steht die höfliche Sie-Form an der Tagesordnung. „Sogar in der Familie wird sich teilweise gesiezt. Wenn Firmen Kunden ansprechen ist das selbstverständlich Standard.“ Wer sich nicht daran hält und zu schnell ins „Du“ wechselt, macht sich keine Freunde. „Das kann als sehr abwertend wahrgenommen werden“, erläutert Rubashnyy.
Für die intensive wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland ist eine professionelle Übersetzung extrem wichtig – egal ob es sich um eine technische Gebrauchsanweisung handelt, einen Vertrag oder eine ansprechende Werbung, die ihre Kunden tatsächlich erreicht. Ein Verständnis von Russisch, das tiefer geht, als rationales Vokabelwissen, ist dabei essentiell, sagt Rubashnyy: „Es ist unmöglich, Russland nur mit Vernunft zu durchdringen.“
Wissen und emotionales Verständnis – das brauchen die Sprachprofis, die Übersetzungen zwischen Deutsch und Russisch ausarbeiten. Und: ein Auge fürs Detail. Wer zum Beispiel die deutsche Grußfloskel „Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr!“ einfach ins Russische überträgt, wird Irritation ernten. Denn in Russland wird Weihnachten in der Regel am 7. Januar gefeiert. Deswegen heißt es im Russischen logischerweise andersherum: „Ein gutes neues Jahr und frohe Weihnachten!“
Andriy Rubashnyy
Andriy Rubashnyy wurde in der Ukraine geboren und ist seit fast 20 Jahren als Fachübersetzer und Dolmetscher aus dem Deutschen und Englischen ins Ukrainische und Russische tätig.
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Eigentlich ist es verhältnismäßig leicht. Eigentlich. Wer zwischen Polnisch und Deutsch übersetzt, profitiert davon, dass „beide Sprachen zu Präzision und Eindeutigkeit tendieren“.
In jedem Reiseführer über Japan kommt irgendwann dieser Ratschlag: Seien Sie freundlich, höflich und zurückhaltend, wenn Sie Japan besuchen! Denn im Land des Lächelns wird auf einen respektvollen Umgang viel Wert gelegt.